Die letzte Meile der Paketzustellung ist und bleibt eines der spannendsten Themen in der Logistik. Unser letzter Blog-Artikel (Automatisierte Lieferung) hat bereits gezeigt, dass dieser Teil des Zustellprozesses sehr kostenintensiv ist und innovative Lösungsansätze händeringend gesucht werden.
Aus diesem Grund haben wir uns in diesem Knowledge Nugget mit dem Thema „Crowdshipping“, einem weiteren Last-Mile-Geschäftsmodell, auseinandergesetzt.
Crowdshipping beschreibt die Idee, den Versandprozess dadurch zu optimieren, dass Personen, die einen Paketversand benötigen, mit denen zusammengeführt werden, die ohnehin unterwegs sind – z.B. Pendler und Fernreisende – und auf diesem Weg eine Zustellung ausführen können. Den Mittelpunkt dieses Prozesses bildet eine App oder Website, die Versender, Lieferanten und Kunden direkt miteinander verbindet. So bleiben die klassischen Paketzusteller, wie DHL, Hermes oder DPD außen vor.
Im Grunde genommen ist Crowdshipping ein weiterer Teil der Sharing Economy und reiht sich dort in Geschäftsmodelle wie AirBnB und Uber ein. Beispiele für Crowdshipping-Startups sind u. a. UeberBringer, PiggyBee, Nimber, Jib.li oder Checkrobbin, welche in Deutschland und/oder Europa aktiv sind, und nur die Vermittlung des Pakettransports übernehmen.
Haupttreiber sind aber nicht Privatpakete, sondern das große Wachstum des B2C E-Commerce. Welche Relevanz Crowdshipping dabei bereits hat, zeigt der Blick in Länder wie die USA. Dort haben Startups wie Deliv (4,5 Mio. US$), Postmates (>100 Mio. US$) und Instacart (233 Mio. US$) schon große Finanzierungsrunden hinter sich, und somit die Investoren überzeugt. Und auch Amazon ist mit seinem Dienst Amazon Flex bereits in mehr als 20 Städten der USA aktiv und lässt Privatpersonen die Übermittlung von Paketsendungen ausführen.
Kosteneinsparungen sind dabei das eine, der ökologische Aspekt das andere Ziel: Ökologisch gesehen macht es durchaus Sinn, die innerstädtische Paketauslieferung durch Radfahrer und Fußgänger abzuwickeln sowie Fernreisende und Pendler auf deren Touren besser auszulasten und so nicht ausgelastete Paketfahrten einzusparen. Die Frage ist jedoch, wie viele Fahrten tatsächlich eingespart werden können und ob der ökologische Aspekt den praktischen Voraussetzungen standhält.
Zudem entsteht ein Vertrauensverhältnis vom Empfänger zum Lieferanten. Crowdshipping-Anbieter müssen dafür Sorge tragen, dass dieses auch bestätigt wird und Ihre Lieferanten dahingehend prüfen. In dem Kontext stellt sich auch die Frage der Zuverlässigkeit von privaten Fahrern. Uber zeigt bereits, das es geht. Anbieter und Händler stehen zudem vor der Herausforderung der Haftungsfrage bei gestohlenen, beschädigten und verspäteten Paketen – diese liegt aktuell bei den Händlern. An dieser Stelle gilt es über Qualifikation (z.B. Fahrerzertifizierung) und Bewertungen (z.B. Rating-Systeme) von Fahrern Transparenz zu schaffen, um Vertrauen zu gewinnen und Sicherheit zu bieten.
Es gibt einige Herausforderungen auf dem Weg, Crowdshipping im Versandhandel zu etablieren. Ein funktionierendes Geschäftsmodell in diesem Bereich muss u. a. auf die folgenden Fragen eine Antwort bieten:
- Wie kann eine zuverlässige Abdeckung benötigter Sendungsaufkommen gewährleistet werden?
- Wie kann eine grundlegende Qualität und Sicherheit der Auslieferung durch private Fahrer gewährleistet werden?
Und wer übernimmt die Haftung? - Wie wird der private Fahrer entlohnt? Fix-Beträge oder Bieter-Verfahren?
Und wie müssen diese Gelder angemeldet werden? - Welche Regulierungen bzgl. besonderer Güter (z.B. Gefahrgüter, Medikamente und Frischwaren)
müssen beachtet und eingehalten werden? - Wie werden Retouren verarbeitet?
In den USA ist Crowdshipping schon eine etablierte Lösung. Aber auch in Europa gibt es inzwischen zahlreiche und vielversprechende Konzepte, die eine Reihe von logistischen Problemen angehen. Mit anderen Worten: Crowdshipping ist längst da. TMA verfolgt die rasante Entwicklung mit hohem Interesse und unterstützt bei der Entwicklung und dem Markteintritt von entsprechenden Geschäftsmodellen, weil Crowdshipping insbesondere im Bereich Urban Logistics eine weitere relevante Last-Mile-Lösung ist.
Copyright verwendete Bilder: Fotolia, 96317342, highwaystarz