In den letzten Wochen konnte man es überall lesen und auch im Alltag beobachten: Den Hype um PokémonGo. Das Spiel, bei dem die Player in der realen Welt auf Pokémon Jagd gehen, wurde von Niantic Labs unter finanzieller Unterstützung von Nintendo, Google und The Pokémon Company entwickelt. Nachdem der Download vorerst nur in den USA, Neuseeland und Australien möglich war, ist die App am 12. Juli auch in die deutschen AppStores eingezogen. Die Auswirkungen waren vielseitig. Die Nintendo-Aktie zum Beispiel konnte allein an einem Tag einen Anstieg um 25% verzeichnen und zahlreiche Marketing-Aktionen wurden bereits in den ersten Wochen nach dem Launch gestartet. Auch erste Negativschlagzeilen wie Überfälle bei denen die Täter ihre Opfer an abgelegene PokéStops lockten oder gar Leichenfunde während des Spielens wurden in Zusammenhang mit der App gemeldet.
Wir haben uns das Geschäftsmodell genauer angesehen und die Auswirkungen für Nutzer sowie Unternehmen analysiert.
Was ändert sich für die Nutzer?
PokémonGo nutzt die Technologie der Augmented Reality (AR) – d.h. die reale Welt wird um virtuelle Aspekte erweitert. Über die Kamera des Smartphones wird die Umgebung des Spielers erfasst und die Pokémon in diese integriert. Auch wenn die Integration der virtuellen Elemente sehr einfach gehalten ist, wird die Verwendung vielerorts als revolutionär beschrieben.
Laut Internetworld ist PokémonGo eine der ersten Apps, die mit Augmented Reality dem Nutzer einen wahren Mehrwert bietet. Die Standortfreigabe und einen hohen Akkuverbrauch nehmen Nutzer dabei in Kauf – eine Seltenheit. Die App scheint beim Nutzer Bedürfnisse zu wecken, die bisherige Zweifel in Bezug auf Datenschutz in den Hintergrund stellen. „Es gewöhnt uns – vor allem unsere Kinder – auf eine spielerische Art an die Verbindung von Location Based Services und Augmented Reality und macht den Einsatz von AR zu einer Selbstverständlichkeit – zu einem alltäglichen Begleiter“, so heißt es bei Etailment.
Das Ganze hat allerdings auch eine Kehrseite. Wie bereits erwähnt, fordert das Spiel eine permanente Lokalisierung der Nutzer. Bewegungsdaten werden gesammelt und bereits bei der Installation wird Zugriff auf einige weitere Daten gewährt, wie z.B. E-Mail Adresse und Profilinformationen, wenn man sich mit seinem Google-Konto anmeldet. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang aber nicht nur Niantic sondern vielmehr auch das Verhalten der Nutzer, die bei der Installation die erteilten Berechtigungen kaum hinterfragen.
Einige Nutzer gehen sogar soweit, dass sie ihren Standort außerhalb des eigentlichen Spiels mit anderen Nutzern teilen, um sich mit ihnen auszutauschen. Das geht über PokeMatch. Diese App bietet Nutzern die Möglichkeit sich mit anderen Pokémon-Jägern nach dem Tinder-Prinzip zu vernetzen. Damit wird das Spiel um eine interaktive Komponente ergänzt, die so in der PokémonGo-App bisher noch fehlt.
Welche Chance bietet sich Unternehmen?
Des einen Leid ist des anderen Freud – Unternehmen könnten von den Daten profitieren und mehr über ihre Zielgruppe erfahren. Wer genau aber die Zielgruppe der App ist, ist bislang noch nicht ganz klar, denn detaillierte Analysen fehlen in Anbetracht des kurzen Zeitraums. Laut ersten Angaben, die auf Basis einer Umfrage veröffentlicht wurden, ist die Altersgruppe der 25-34 Jährigen am häufigsten unter den Nutzern vertreten. Diese Altersgruppe ist für Unternehmen sehr interessant, da sie im Vergleich zu der Peergroup anderer Games eine höhere Kaufkraft aufweist.
Ein professionelles Werbemodell ist bisher noch nicht vorhanden.
Nichts destotrotz haben einige Unternehmen bereits erste Werbeaktionen unternommen. Darunter waren nicht nur Unternehmen aus dem stationären Einzelhandel oder der Gastronomie. So richtete zum Beispiel die Nürnberger Versicherung ein Lockmodul an einem auf dem Firmengelände befindlichen PokéStop ein – Laut Internetworld wollten sie sich damit ihrer Zielgruppe annähern und Sympathiepunkte sammeln. Die Wuppertaler Schwebebahn veranstaltete ebenfalls ein Event bei dem Lockmodule spendiert wurden. Publik gemacht wurde die Aktion über die Social Media Kanäle des Wuppertaler Unternehmens.
Bislang sind die Werbeaktionen recht günstig. Wenn man Glück hat und das eigene Unternehmen ein PokéStop ist, bzw. nah an einem solchen liegt, helfen die Lockmodule, die 91 Cent kosten, dabei, potenzielle Kunden anzulocken. Empfohlen wird, bei Interesse die Aufnahme als PokéStop zu beantragen. Darüber hinaus gibt es auch noch einige andere Tipps und Tricks wie z.B. das Werben mit kostenlosem Wifi oder Ladestationen, um die Nutzer in das eigene lokale Geschäft zu locken.
Erste Versuche, die Werbemöglichkeit zu professionalisieren, startet Niantic nun in Japan. Dort gibt es den ersten offiziellen Werbepartner: Die Fast Food Kette McDonalds. Die Filialen werden zu PokéStops und Arenen und locken somit Spieler in die Restaurants. Dass dieses Modell der Sponsored Locations nach und nach auch auf andere Länder ausgeweitet wird, ist zu erwarten.
Ausblick – Welche Entwicklung ist abzusehen?
Wie lange der Hype um PokémonGo anhalten wird bzw. welche Entwicklung zu erwarten ist, bleibt abzuwarten. Fest steht: So erfolgreich war bislang kaum eine App.
Innerhalb der kurzen Zeit erreichte PokémonGo bereits jetzt so viele Downloads wie die Dating-App Tinder seit der Einführung in 2012.
Nicht nur viele Smartphonenutzer haben die App installiert, sondern sie nutzen sie auch sehr intensiv – das zeigt eine Statistik, die sich auf die Nutzungsdauer von Android-Apps am 8. Juli bezieht. Diese betrug 43 Minuten. Damit hat PokémonGo sogar WhatsApp an diesem Tag überholt.
Quelle: Similar Web veröffentlicht bei Statista
Bei den Nutzern gilt also The Hype is real. Wie sich ihr Verhalten und die Einstellung zu Location Based Services mit der Zeit entwickeln, wird sich zeigen. In Bezug auf die Relevanz für Unternehmen steht fest, dass das Werbepotenzial noch längst nicht ausgeschöpft ist. Durch PokémonGo könnte Location Based Advertising in jedem Fall zunehmend an Relevanz gewinnen.
Wir stellen fest: Dieses Spielkonzept ist eine weitere Revolutionsstufe in unserer digitalisierten Gesellschaft und wird unser Verständnis und den Umgang mit Augmented Reality und Location Based Service nachhaltig beeinflussen – auch wenn der Hype um die virtuelle Monsterjagd über kurz oder lang sicherlich sein Ende finden wird.
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