Location-Based Services, Geofencing, Proximity Marketing. Buzzwords über die viele Fachleute sprechen. Aber was soll das überhaupt sein? Und wer braucht das?
Zunächst zum Verständnis: Proximity Marketing ist die zielgenaue Ansprache von potentiellen Kunden auf Basis ihres Aufenthaltsortes – und möglichst zugleich des Kontexts, in dem sie sich gerade befinden – über deren mobile Endgeräte. Auf Deutsch also „Marketing in unmittelbarer Umgebung mit Bezug zu dem, was ich gerade mache“.
Das folgende Beispiel zeigt wie Proximity Marketing in der Praxis aussehen kann. Bereits im Mai 2015 testete IKEA diese Art der digitalen Kundenkommunikation. Kunden, die die IKEA FAMILY App installiert und Bluetooth aktiviert haben, erhalten bestimmte Nachrichten, sobald sie bestimmte Bereiche im Einrichtungshaus betreten. So werden sie an den kostenlosen Kaffee für IKEA FAMILY Mitglieder erinnert, wenn sie sich im Gastronomiebereich aufhalten und an der Kasse erscheint (passend zum aktuellen Kontext „Bezahlen“) die Kundenkarte auf dem Display des Smartphones.
Einkaufen bei IKEA – Relevante Zusatzinformationen direkt auf‘s Smartphone
Was ist nun der Unterschied zu Location-Based Services (LBS)?
Beim LBS-Ansatz werden Kunden „angesprochen“, sobald sie sich in ein definiertes Gebiet begeben. Also quasi einen „geografischen Zaun“ passieren. Geofencing beschreibt genau dieses Konzept und ist damit die Basis für Location-Based Services. Bei Überschreiten der gedachten Grenze wird eine automatisierte Aktion – zum Beispiel eine Push-Mitteilung – ausgelöst. Dies ermöglicht neben dem Zusenden von klassischen Werbebotschaften auch echte Services, z.B. im Bereich Paketzustellung. Ein weiteres Beispiel ist Familonet. Diese App basiert auf GPS-Tracking und der Geofencing-Funktion und sorgt für eine sinnvolle Ortung und mehr Sicherheit bei Familien und Freunden. Das Konzept der jungen Hamburger Unternehmer wird im folgenden Video erklärt:
Familonet App – Ortung & Sicherheit für Familie & Eltern
Im Gegensatz dazu basiert Proximity Marketing auf einer zentimetergenauen Ortung der Nutzer. Man geht also noch einen Schritt weiter und ermöglicht – mal ganz theoretisch gesprochen – eine zielgerichtete Eins-zu-Eins-Kommunikation innerhalb einer definierten Lokalität. Hierfür werden im Idealfall noch weitere Faktoren miteinbezogen. Neben dem aktuellen Standort, ist auch die Berücksichtigung von Zeit und individuellen Präferenzen möglich und denkbar.
Proximity Marketing funktioniert damit auch in geschlossenen Räumen. Die Informationen können damit konkreter und die Kommunikation noch individueller erfolgen. Wie im Beispiel von IKEA ist es auch denkbar, weitere Informationen miteinzubeziehen. Kombiniert man das Wissen über den genauen Aufenthaltsort mit anderen Kundendaten (die beispielweise durch die Mitgliedschaft in einem Kundenprogramm zur Verfügung stehen), ist eine individualisierte Kundenkommunikation möglich.
Proximity Marketing kann also als eine spezielle Form von Location-Based Services gesehen werden, wobei Praxisbeispiele aus diesem Bereich auch oft unter dem Überbegriff LBS zu finden sind. Die Grenzen verschwimmen hier, da innovative Ansätze sich nun mal schwer in vordefinierte Begriffe einordnen lassen.
Toller Ansatz, wo ist der Hacken?
Den Kunden am richtigen Ort, zur richtigen Zeit mit dem richtigen Content ansprechen. Diese Herausforderung klingt irgendwie nicht neu. Nur war das bisher schwer umsetzbar. Steht also hinter dem Buzzword Proximity Marketing eine neue Technologie, die dies jetzt ermöglicht?
Nein. Für die Umsetzung sind verschiedene, existierende Übertragungstechniken denkbar: Bluetooth, WiFi und NFC (Near Field Communication) befinden sich bereits im Einsatz. Seit 2013 sind Beacons, eine auf Bluetooth basierende Technologie auf dem Vormarsch. Diese technische Lösung zeichnet sich durch einen geringen Stromverbrauch und sehr genaue Ortungsmöglichkeiten aus. Die iBeacons von Apple sind dabei besonders bekannt. Proximity Marketing bezeichnet also keinen technischen Ansatz, sondern beschreibt die Weiterentwicklung der Location-Based Service Idee – heruntergebrochen auf ein noch kleineres Gebiet mit all den Chancen und Potentialen die dies bieten kann.
Proximity Marketing darf nicht nerven
Content-Ansätze im Bereich Proximity Marketing kann man grundsätzlich in zwei Kategorien einordnen: Push- und Pull-Marketing. Dem Kunden „ungefragt“ Content zuzusenden, fällt unter die Kategorie „push“. Dies kann auch zielgerichtet sein, da man gewisse Faktoren wie Ort, Zeit und Präferenzen eben berücksichtigen kann. Allerdings wird der Kunde nicht vorab gefragt, ob er diese Inhalte nun empfangen möchte oder nicht. In so einem Fall kann der zugesandte Content – auch wenn eigentlich relevant für die Zielperson – als Spam wahrgenommen werden. Kampagnen die hingegen auf dem Pull-Ansatz basieren setzen attraktive Reize, die den Kunden aktiv werden lassen – also zum Beispiel sich mit dem WiFi zu verbinden oder das Smartphone an die NFC-Schnittstelle zu halten. Samsung nutzte 2013 Plakate mit integrierten NFC-Tags zur Vermarktung des neusten Smartphone-Modells.
Samsung S3 Kampagne – Interaktive Poster mit Pull-Prinzip
Aus eigener Anwendererfahrung würden die meisten von uns wohl eine Pull-Strategie präferieren. Niemand möchte ungefragt „zugemüllt“ werden. Jeder, der durch eine Einkaufsstraße läuft und alle zehn Meter eine Aufforderung erhält, ein Geschäft zu betreten – natürlich mit Aussicht auf einen Rabatt – wäre wohl schnell genervt und würde seine Bluetooth-Funktion deaktivieren. Andererseits: Wie oft haben Sie darauf verzichtet, einen QR-Code zu scannen, obwohl die Werbung eigentlich ganz interessant klang? Wenn der Kunde erst aktiv werden muss, führt das oft zu einer stark geminderten Leadgenerierung.
Daher schätzen wir die Bedeutung von Proximity Marketing besonders dann hoch ein, wenn der Kunde nur einmalig seine Zustimmung geben muss und danach (ausgewählte) Push-Mitteilungen empfangen kann. Dabei steigt die Akzeptanz, wenn der Konsument bereits einen Bezug zur Marke oder Örtlichkeit hat. So zum Beispiel bei der Lieblingsmarke, dem präferierten Supermarkt, der geliebten Fastfood-Kette oder dem Einkaufszentrum um die Ecke. So kann der Nutzer theoretisch sagen: „Falls ich in Deiner Nähe bin, liebe Marke, dann gibt mir doch ein Zeichen“ oder „Liebes Shoppingzentrum, wenn ich mal wieder da bin, dann schick mir doch ausgewählte Angebote zu und leite mich direkt dorthin“. Dem Kunden einen Mehrwert bieten – genau darum geht’s.
Ist Proximity Marketing also mehr als ein Buzzword?
Der Begriff kann als Buzzword verstanden werden, da es mehr eine Idee als eine konkrete Lösung darstellt. Ansätze, die den Standort miteinbeziehen und dabei dem Kunden einen Mehrwert durch dieses Wissen bieten, sind bereits länger in der Diskussion. Konzepte in diesem Bereich befinden sich in der Erprobung und Unternehmen wie Agenturen testen verschiedene technologische und konzeptionelle Ansätze. Beacons – als Bluetooth-basiertes System – scheinen erfolgversprechend. Welche Technik das Rennen macht, wird aber von verschiedenen Faktoren abhängen. In erster Linie von den innovativen Unternehmen, die sie testen und damit dem Kunden näherbringen.
Falls auch Sie über einen innovativen Marketingansatz im Bereich Proximity Marketing nachdenken und sich einen kompetenten Partner an ihrer Seite wünschen, sind wir gerne für Sie da. Die Möglichkeiten gehen weit über klassische Werbekampagnen hinaus. Die Optimierung der Customer Journey ist dabei ebenso interessant, wie die Entwicklung von Logistik-Services in den Bereichen Urban Logistics und Last Mile. Wir begleiten Sie gerne auf dem Weg dahin.
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