Virtual Reality – oder kurz VR – ist eines der Trendthemen des Jahres. Es gibt bereits eine Vielzahl an günstigen Smartphone-Adaptern und kostenlosen Apps. Aber was taugt die Technologie? Wir haben es getestet.
Der Hype um Virtual Reality ist nicht ganz neu. Bereits in den 90er Jahren gab es Spielhallen mit VR-Automaten. Etliche Unternehmen setzten damals auf die vermeintlich gewinnbringende Technologie und entwickelten kurios-aussehende Headsets. Doch für den Massenmarkt war VR damals kaum erschwinglich und die Spiele ohne nachhaltigen Unterhaltungswert.
Wie ist das heute? Der Hype in der Tech-Branche ist enorm. Mit den neuen Modellen von Oculus, Sony und HTC werden VR-Brillen zu bezahlbaren Hightech-Produkten, die mit einem dreistelligen Kaufbetrag verhältnismäßig teuer, aber für Early Mover trotzdem erschwinglich sind.
Gleichzeitig wird der Markt mit Low Budget VR-Brillen überschwemmt. Besonders bekannt ist die Google Cardboard für rund 12 Euro. Ähnliche Modelle aus Plastik kosten um die 25 Euro. Diese VR-Brillen sind mechanische Smartphone-Adapter. Das Erlebnis mit diesen Geräten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einerseits ist die Möglichkeit einer geeigneten Positionierung des jeweiligen Smartphones in den Adapter von Bedeutung, da bei einer suboptimalen Position der Rahmen sichtbar bleibt und das Erlebnis damit stark beeinflusst. Anderseits spielt die Linsenqualität eine entscheidende Rolle. Hier kann man bei Low-Budget-Modellen natürlich keine besonders hohe Qualität erwarten. Letztlich ist das eingesetzte Smartphone ein wichtiger Aspekt. Hier wird das VR-Erlebnis insbesondere durch die Displayqualität und den Bewegungssensor beeinflusst.
Für unseren Test haben wir ein Kunststoff-Modell von Pasonomi für rund 25 Euro gewählt. Diese VR-Brille ist mit verschiedenen Smartphones kompatibel und man kann Pupillendistanz und Brennweite anpassen. Im Einsatz war ein iPhone 6 und getestet wurden kostenlos zugängliche Inhalte.
Von links oben nach rechts unten: Google Cardboard, Discovery VR, Within, Bosch VR
Der Klassiker – Die Google Cardboard App
Diese App aus dem Hause Google ist perfekt, um erste VR-Erfahrung zu sammeln. So kann der Nutzer spannende Umgebungen erkunden oder Museumsexponate in 3D betrachten. Die App ist speziell für die Google Cardboard entwickelt. Durch das letzte Update ist es nun möglich, die Demo Reise in die Arktis zu nutzen. Hier fliegt man mit Seeschwalben an der Küste entlang oder entspannt unter dem klaren Sternenhimmel. Leider funktioniert die Demo nicht einwandfrei mit unserer gewählten VR-Brille, da sie einen Button am Headset vorsieht, wie es bei der Google Cardboard der Fall ist. Gut gefällt uns, dass man hier kontinuierlich neue Apps vorgestellt bekommt.
Mitten in der Geschichte – Discovery VR
Auch diese App bietet eine Vielzahl an beispielhaftem VR-Content. Man kann unter anderem mit Haien tauchen oder in die Tiefe springen (Jump into the unknown). Besonders interessant sind die VR-Mystery-Inhalte, da sie einen Einblick liefern, wie drastisch sich das Filmerlebnis in unseren Wohnzimmern verändern könnte. Man steckt mitten im Krimi und fühlt sich trotz der schlechteren Bildqualität involvierter als beim typischen Film gucken.
Der Showcase – Within
Diese App liefert einige der besten VR-Videos. Ob ein Privatkonzert von der Musikband U2 in Toronto oder ein zuckersüßer Ausschnitt des Zeichentrickfilms Invasion bei dem der Hase den Nutzer vor Aliens rettet – alles scheint möglich. Auch hier gibt es regelmäßige Updates. Im Fokus stehen „Story telling“-Inhalte, bei denen man passiver Zuschauer bleibt.
Abgedreht – Bosch VR
Bei dieser App dreht sich alles um die Werke des niederländischen Künstlers Hieronymus Bosch. Man unternimmt eine Reise in und durch seine Kunstwerke. Dabei sind die meisten nur durch In-App Käufe zugänglich. Die Reise beginnt mit einem Spielmenü, welches man mit seinen Augen bedient – eine kostengünstige und simple Möglichkeit der Steuerung. Diese ist im Low Budget Bereich beliebt, da kein Controller notwendig ist.
Fazit: Für 25 Euro bekommt man bereits heute einiges geboten. Hierbei werden aber häufig 360-Grad-Inhalte als VR-Erlebnis angepriesen. Fotos oder Videos mit Kugelpanorama erkennt man an der fixen Perspektive und der fehlenden Interaktion mit der virtuellen Welt. Auch diese Art von Erlebnissen können unterhaltsam sein. Mit echter Virtual Reality können sie allerdings nicht ganz mithalten. Diese zeichnen sich durch zwei Kernaspekte aus: Sie werden in Echtzeit berechnet und man kann mit ihnen interagieren, d.h. in der virtuellen Welt herumlaufen und Dinge in Bewegung setzen, z.B. durch einen Controller.
Die Low-Budget Varianten zeigen, dass dieser Trend nicht mehr so schnell verschwinden wird. Die VR-Standards werden natürlich durch die Brillen von Oculus, Sony und HTC gesetzt. Unternehmen sollten diesen Trend verfolgen und rechtzeitig ihre Chancen und Risiken identifizieren. Einige Branchen werden sicherlich sehr stark von den kommenden Entwicklungen betroffen sein, so z.B. die Tourismus-, Immobilien-, Unterhaltungs- und Spieleindustrie. Aber auch andere Branchen werden den Mehrwert dieser Technologie für ihr Geschäftsmodell entdecken.
Man stelle sich vor, wofür VR zukünftig alles eingesetzt werden kann. Beispielweise bei Sportveranstaltungen, so dass sich der Nutzer in Echtzeit direkt neben dem Trainer auf der Bank wiederfindet. Virtuelle Sitzplätze beim Fußballspiel oder bei Konzerten hätten dabei noch einen weiteren Vorteil: Ausverkauft gibt es nicht mehr. In der Unterhaltungsbranche ergeben sich insbesondere für das Filmerlebnis eine Vielzahl neuer Möglichkeiten – ob im Trick-, Spiel- oder Erotikfilm. VR bietet ebenso Chancen für Verkäufer verschiedener Branchen: Der Kunde des Architekten kann den Neubau vorab begehen, der Tourist das Urlaubdomizil vorher erkunden und der Automobilhändler dem Käufer die Konfiguration im Detail zeigen. Es ist auch denkbar VR-Technologie einzusetzen, um Patienten mit Flugangst oder Klaustrophobie zu therapieren.
Die Anwendungsfelder sind schier unendlich und die Zukunft bleibt spannend. Wir freuen uns auf bahnbrechende, neue Geschäftsmodelle und digitale Handlungsoptionen für unsere Kunden.
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