Vom 07.-11. November fand die Web Summit statt. Sie gilt mittlerweile als eines der größten Technologie Events der Welt. Dieses Jahr kamen über 50.000 Teilnehmer aus 166 Ländern in Lissabon zusammen. Wir haben uns unter die Teilnehmer gemischt und haben das bunte Potpourri aus Ausstellung, Vorträgen und Get Together auf uns wirken lassen.
Die Web Summit wurde 2010 erstmals von Paddy Cosgrave ins Leben gerufen. Seitdem findet das Event jährlich statt. Bislang war der Ausrichtungsort Dublin. Dieses Jahr ging es nun das erste Mal nach Lissabon. Dort standen neben den Start-Up Pitches Vorträge bekannter Speaker wie z.B. Sean Rad, CEO der Dating-App Tinder, oder Mike Quigley, Marketing-Direktor der gehypten App Pokémon Go auf dem Programm.
Im letzten Jahr konnte man nach der Web Summit nicht nur positive Meinungen lesen. Die Veranstaltung sei mittlerweile einfach zu groß und die Qualität der Beiträge ließe zu wünschen übrig. Auch die vermeintliche Abzocke von Start-Ups war Gesprächsthema im Netz.
Viel Kritik also – und trotzdem über 50.000 Teilnehmer. Da hilft nur, sich ein eigenes Bild zu machen – vor Ort. Also ließen wir alle Kritiken hinter uns und flogen unvoreingenommen und ohne konkrete Erwartungen im Reisegepäck nach Lissabon. Hier nun unser persönlicher Reisebericht.
Landung Lissabon: Kaum dem Flieger entstiegen, finden wir erste Wegweiser der Web Summit zum Check-in der Veranstaltung direkt am Flughafen. Erster Eindruck: Sehr gute Organisation! Zugegeben, wir sind – um dem erwarteten Rush des ersten Tages zu entgehen – erst an Tag 2 angereist. Daher ist beim Web Summit Check-in gähnende Leere. Anmeldeprozesse, Laufwege – alles gut durchdacht. Wir sind die einzigen zwei Teilnehmer und können zwischen 15 besetzten Check-in Countern wählen. Der Check-in dauert dann aber doch über 15 Minuten, weil drei wirklich „plietsche“ und freundliche Jungs mit der hängenden Check-in App kämpfen. Dann ist es vollbracht. Schnell noch das kostenlose Web Summit T-Shirt geschnappt und ab mit der U-Bahn zum Event.
Ankunft Event-Location: Die Event-Location ist sehr leicht zu finden. Alle Wege sind gut ausgeschildert. Vor Ort hat man dann tatsächlich erst einmal den Eindruck, einmal um das komplette Terrain laufen zu müssen, um an den Eingang zu gelangen. Die Menschenmengen nehmen gefühlt bei jedem Schritt zu. Wobei nie der Eindruck von Gedränge entsteht. Das soll sich später noch ändern. Von Musik beschallt, wandern wir durch die beeindruckende Anmeldehalle mit sicherlich mehr als 30 Check-in Countern, definierten Laufwegen und einer gut organisierten Garderobe. Nicht zu vergessen, die Wertschließfächer mit integrierten Ladekabeln für die gängigen Handytypen. Und nun rein ins Vergnügen.
Veranstaltungseindrücke: Wir betreten die erste von vier großen Hallen (drei Messehallen und eine Art Stadion/Arena). Gewusel. Sehr viele Menschen, scheinbar alle in Bewegung. Wir suchen nach Orientierung. Nervig viele Anmeldeversuche bei der Web Summit App, die eine Location Map beinhaltet – schlagen fehl. Die Schattenseite des digitalen Zeitalters. Ein sehr freundlicher Guide kommt auf uns zu – offensichtlich sehen wir hilflos aus – und bietet uns seine Hilfe an. Er erklärt, dass die App ausgefallen ist und zeigt uns eine ausgedruckte Location Map – leider kann er uns diese nicht geben, da es seine Einzige ist. Ok. Ein Foto der Map hilft uns erst einmal weiter.
Die Teilnehmer schieben sich durch die Hallen. Eine interessante Mischung aus hektischer Beschäftigung und guter Stimmung erfüllt den Raum. Uns wird nun klar, warum wir im Vorfeld der Veranstaltung so viele Anfragen über die App für konkrete Gesprächstermine erhalten haben. Um gezielt Menschen zu treffen oder sich über sehr konkrete Themen auszutauschen, ist diese Vorbereitung sicherlich erforderlich.
So registrieren wir zunächst, dass die großen Stände nicht nur den ganz großen Global Playern vorbehalten sind. Auch etliche aufstrebende Unternehmen sind vertreten – Hauptthema People. Das von anderen, deutschen Veranstaltungen vertraute Bild erlebt man hier auch international – alle suchen qualifizierte Mitarbeiter. Viele. Schnell. Ein anderes großes Thema, das uns „ins Auge stach“ waren Brillen. Virtual und Augmented Reality sind in aller Munde und die Anwendungsfälle werden vielfältiger – Pokémon Go sei Dank!
Wir lassen einige Vorträge auf uns wirken. Es fällt auf, dass die Vorträge recht kurz sind – ca. 20 Minuten. Interessante Themen sind schnell überfüllt. Aufgrund der Kürze der Vorträge oder Interviews bleiben diese inhaltlich recht oberflächlich und plätschern so vor sich hin. Die Aufmerksamkeit des ebenso jungen wie internationalen Auditoriums scheint geteilt. Da werden Mails beantwortet oder andere Anwendungen auf Mobile Devices bedient. Eine wirkliche Verbindung zwischen Bühne und Publikum ist nicht erkennbar. Fragen an die Protagonisten – Fehlanzeige.
Wir schauen uns mal bei den Start-ups um. Diese präsentieren sich bedingt thematisch sortiert an kleinen Ständen, die in jeder Halle wie an der Schnur gezogen in mehreren Reihen aufgebaut sind. Das lädt zumindest zum Durchwandern ein. Hier nehmen wir einige schnelle Eindrücke mit, von dem was da so an Neuem entsteht. Tatsächlich sind viele Geschäftsideen nicht selbsterklärend. Als Besucher über ein Fastfood-Verhalten hinauszukommen ist allerdings nicht ganz leicht, da interessante Stände überfüllt sind. Andere sind mit einem Besucher bereits voll und wiederum andere Stände sind nicht besetzt.
Kommen wir zu den Start-up Pitches. Ein Format welches spontan gefällt. Überschaubare Anzahl von Zuhörern, mehr Möglichkeiten zum Dialog mit dem Pitchenden, gute Informationstiefe – einziges Manko ist die etwas anstrengende Akustik.
Und dann geht auch die Web Summit App wieder. Wir erhalten eine Nachricht, dass wir in eine Chat Gruppe „geworfen“ wurden, deren Mitglieder nach einer automatisierten Auswertung unserer Profile zusammengestellt wurden. Nach kurzer Recherche stellen wir fest, das einzige Kriterium, dass uns verbindet ist der Fakt, dass wir Deutsche sind. Schwach! Nach dem Austausch von Höflichkeiten endet die Kommunikation der Chat-Gruppe.
Und plötzlich ist der Tag um. Nach kurzer Erholung gehen wir auf Entdeckungsreise durch Bairro Alto. Bewusst abseits der Pfade der Web Summit. In einem netten kleinen Lokal kehren wir ein. Die vermeintlich portugiesischen Gäste am Nachbartisch entpuppen sich als Tom und Euan aus England bzw. Schottland. Natürlich sind sie auch Teilnehmer der Web Summit. Wir kommen fernab vom Trubel ins Gespräch. Ein lustiger Abend aus persönlicher Unterhaltung und geschäftlichem Austausch entsteht. Am Ende steht ein neuer Kontakt und eine erste Idee, wie man sich gegenseitig helfen kann.
Nach zwei Tagen reisen wir mit unseren gewonnenen Eindrücken – wie geplant – wieder ab. Was nehmen wir von der Veranstaltung mit? Neben der Tatsache, dass Lissabon eine wunderschöne Stadt ist und wir dort sicherlich viel Zeit verbringen könnten, wäre uns eine Woche deutlich zu lang für dieses Event. Tatsächlich sind es mehr Stimmungen als konkrete Inhalte, die wir von der Veranstaltung mitnehmen. Diese Stimmungen haben uns aber erreicht und uns auch in ihren Bann gezogen. Diese Veranstaltung einmal zu erleben, können wir durchaus empfehlen. Wer hier jedoch konkrete Ergebnisse erreichen will, sollte sich sorgfältig vorbereiten. Wir haben das bewusst nicht getan und trotzdem einen vielversprechenden Geschäftskontakt gewinnen können – Prinzip Zufall. Ein erneuter Besuch der Web Summit erscheint uns jedoch nur mit entsprechender Vorbereitung sinnvoll.
Abschließend noch unsere Impressionen von der Web Summit 2016 in Bildern. Mehr davon gibt es bei Frank Best Fotografie.